Neulich ergab sich auf einer Messe ein Gespräch mit einem Elternpaar, dass sich am Messestand dahingehend äußerte, dass sich „das Thema Berufsberatung ja nun mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz erledigen würde. Es würden zukünftig weder Berufsberater noch Coaches in bei der beruflichen Orientierung benötigt“. Ein Satz, der zu denken gibt!
Was kann KI – und was kann sie nicht
Diese Aussage zeigt auf, dass KI – oder im englischen Artifical Intellegience (AI) genannt – enorm überschätzt wird. Selbstverständlich ist KI ein arbeitserleichterndes Tool, wenn es beispielsweise um die Analyse von bestehenden Daten geht. Innerhalb von Sekunden kann ich KI hier die Daten analysieren und Auswertungen liefern. Aber in diesem Satz steckt auch eine elementare Grundlage.
KI analysiert Daten, keine Menschen
KI greift auf “bestehende Daten“ zurück. Worauf soll KI zurückgreifen, wenn man einen Prompt mit der Fragestellung setzt: „Ich interessiere mich für Menschen und möchte Psychologie studieren. Ist das der passende Beruf für mich?“
Abgesehen, dass der Prompt viel zu kurz ist passiert nun folgendes: wird KI überaus positiv bestätigen, dass es eine gute Idee ist, wenn man sich für Menschen interessiert. Ab dann kann aber KI beispielsweise nicht auf persönliche Neigungen und Fähigkeiten eingehen. KI kennt auf nicht den möglichen Hintergrund für das Interesse oder den Berufswunsch.
Also kann KI nur auf Begriffe eingehen, zu denen es im Internet Informationen findet. In diesem Falle wird man daher Ausführungen zu dem Begriff der Psychologie erhalten. Im Sinne einer Definition. Dann kann KI noch darauf hinweisen, welche Studieninhalte das Fach Psychologie bereithält. Und letztendlich kann KI aufgrund von Recherche noch auf berufliche Perspektiven mit einem abgeschlossenen Studium verweisen, da es dazu auch entsprechende Informationen im Internet gibt.
Darüber hinaus kann KI noch das Thema „Interesse an Menschen“ beleuchten und allgemeine Aussagen formulieren, je nachdem, wo Psychologie zum Einsatz kommen soll.
Die Grenzen künstlicher Intelligenz in der Berufsorientierung
Aber dann war es das auch mit der Berufsberatung von KI! – Kein Hinweis darauf, ob das zu den persönlichen Fähigkeiten passen wird, kein konkreter Hinweis auf die unterschiedlichen Studiengänge, die mittlerweile im Bereich Psychologie existieren (siehe auch den Blog-Beitrag „Psychologie studieren“).
Selbst, wenn man einen ausführlicheren Prompt über sich und seine Fähigkeiten sowie Denkhaltungen formulieren würde. Im Ergebnis kann die KI nicht wirklich beraten. Sie kann nur aufgrund von bestimmten Begriffen Daten analysieren und diese einbringen. Je spezifischer der Prompt formuliert wird, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass KI halluziniert – also falsche oder irreführende Ergebnisse liefert.
KI liefert Antworten – aber keine Orientierung
Wer KI als einen Berufsberater nutz sollte außerdem wissen, das bei der Eingabe des Prompts KI eigenständig vorgibt, welche Berufsbilder gezeigt werden und welche nicht. Ist nach dem Abitur wirklich eine Studium sinnvoll oder möglicherweise besser zuerst eine Ausbildung. Worin unterscheiden sich eine Ausbildung und ein Duales Studium? – All dies kann die KI nur dann beantworten, wenn danach gezielt gefragt wird. Und selbst das Ergebnis der KI muss noch überprüft werden.
Abgeschlossene Ausbildungen gelten beispielsweise als Berufserfahrung. Diese Informationen findet KI aber nur auf gezielte Nachfrage. Gleiches gilt für die Unterschiede zwischen einem Dualen Studium und der Dualen Ausbildung. Zuerst eine Ausbildung zu absolvieren und anschließend ein Studium zu absolvieren, das empfiehlt KI nicht. Kann sich auch nicht, weil sie auf solche Daten nicht zurückgreifen kann bzw. weil danach auch nicht gefragt wurde.
KI = Keine Empathie, kein Kontext, keine Persönlichkeit
KI ist eine Maschine. Sie verfügt nicht über Empathie und Einfühlungsvermögen und kann nur darauf antworten, was eingegeben wurde. Ein Persönlichkeitsbild zu erstellen und möglicherweise ein Fähigkeiten-Potenzial zu erstellen kann es nur erstellen, wenn es dazu eine systematische erstellte Vorlage gibt. Weitere Aspekte, die es zu beachten gilt, werden in dem Artikel: „ChatGPT ersetzt den Berufsberater: So entscheiden Jugendliche heute über ihre Zukunft“ sehr gut aufgezeigt.
Die Eingabe „Ich helfe gerne Menschen und möchte deshalb Psychologie studieren“ entspricht keineswegs einer systematischen Fragestellung.
Persönliche Berufsberatung bleibt unverzichtbar
Eine individuelle, persönliche und emphatische Berufsberatung wird KI nie liefern können. KI kann Informationen liefern, die beispielsweise im Rahmen einer persönlichen Berufsberatung eine Diskussionsgrundlage darstellen. Diskussionsgrundlage – nicht Entscheidungsgrundlage!
Bei der Berufsorientierung geht es nicht nur darum, Informationen zu sammeln, sondern zu verstehen, welcher Weg wirklich zum Menschen passt. KI mag vieles können, aber Menschen verstehen gehört nicht dazu.
Genau deshalb bleibt die persönliche Berufsberatung – sei es Coaching oder Mentoring – auch im Zeitalter von KI unverzichtbar. – Jan Untiedt

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